Was uns das Deutschlandstipendium bedeutet
Viele Wege führen nach Rom. Oder nach Potsdam, wie im Fall der fünf Deutschlandstipendiaten Aria Lirawi, Lisa Steingräber, Dörte Hampel, Jennifer Becker und Christian Rühlmann. Im Porträt erzählen sie, wie sie vom Deutschlandstipendium profitieren.
Viele Wege führen nach Rom. Oder nach Potsdam, wie im Fall der fünf Deutschlandstipendiaten Aria Lirawi, Lisa Steingräber, Dörte Hampel, Jennifer Becker und Christian Rühlmann. Im Porträt erzählen die Fünf, welche Hürden sie ihrem Leben überwinden mussten, was sie persönlich dazu motiviert hat, ein Studium an der Fachhochschule Potsdam (FHP) zu beginnen, und wie sie heute vom Deutschlandstipendium profitieren.
„Das Netzwerk des Deutschlandstipendiums kann so viel ermöglichen“
Aria Lirawi, Bauingenieurwesen, gefördert von der Mittelbrandenburgischen Sparkasse PotsdamAria Lirawi ist eine echte Netzwerkerin. Die 26-jährige Deutsch-Perserin studiert an der FHP Bauingenieurwesen und wird seit zwei Jahren mit dem Deutschlandstipendium gefördert. Wie hilfreich das Netzwerk sein kann, erlebt Aria Lirawi gerade beim Uniprojekt „Betonkanu“. Hier planen und bauen Studierende Kanus aus Beton, die 2017 bei einer Regatta in Köln in See stechen. „Nächstes Semester bin ich bei diesem Projekt sogar studentische Lehrende. Das hätte ich ohne das Deutschlandstipendium gar nicht geschafft“, sagt sie und führt weiter aus: „Mir fehlten die Kontakte. Ich hätte nicht gewusst, an wen ich mich wenden soll.“ Über ihre ersten Erfahrungen im Bauwesen tauscht sich Aria Lirawi auch mit ihrem aktuellen Förderer, der Mittelbrandenburgischen Sparkasse Potsdam, aus. Neben dem Studium engagiert sie sich im Studienrat und im zentralen Wahlvorstand ihrer Fachhochschule. Auch in ihrer Freizeit hilft Aria Lirawi, wo sie kann und ist als Sprachmittlerin bei „ref.connect“ aktiv. Über die Vermittlungsplattform, die von Studierenden der FHP ins Leben gerufen wurde, hilft Aria Lirawi persisch sprechenden Menschen bei Arztbesuchen oder Behördengängen. Die Auszeichnung mit dem Deutschlandstipendium bedeutet für sie nicht nur eine finanzielle Unterstützung, sondern bestärkt sie auch darin, sich weiter gesellschaftlich zu engagieren: „Ich finde es super, dass das Engagement der Studierenden eine Wertschätzung erfährt und nicht nur die Noten im Mittelpunkt stehen.“
„Eine Bestätigung, dass ich das Richtige mache“
Das Arbeiten mit Formen und Materialien hat Deutschlandstipendiat Christian Rühlmann schon immer fasziniert. Nach dem Abitur absolvierte der 27-Jährige zunächst eine Ausbildung zum Bootsbauer. Eine lehrreiche Zeit, in der er Entwürfe nach Plan umsetzte. Mit dem Gesellenbrief in der Tasche entschloss er sich, seine Kenntnisse auszubauen und schrieb sich für den Studiengang Produktdesign an der FHP ein. „Ich wollte studieren, um selber der kreative Kopf hinter einem Produkt zu sein“, berichtet er. Heute, drei Jahre später, bringt Christian Rühlmann sein Gestaltungstalent an der Hochschule und in seinem eigenen Designstudio erfolgreich ein. Die monatliche Unterstützung durch das Deutschlandstipendium nutzt er unter anderem zum Experimentieren: „So kann ich auch mal einen Prototyp bauen, der vielleicht sonst das Budget gesprengt hätte.“ Nicht zuletzt sieht er es aber auch als Anerkennung seiner Arbeit. „Damit bestätigen mir erfahrene Leute, dass ich das Richtige tue“, sagt er stolz. Ein Projekt, das ihm aktuell besonders am Herzen liegt, ist das so genannte Schrankhaus. Ein mobiles Wohnobjekt, das Christian Rühlmann zusammen mit rund 17 anderen Studierenden, Lehrenden und Partnern auf die Beine gestellt hat. Der Prototyp wurde bereits auf Fachmessen präsentiert. Erste Kaufanfragen gibt es auch schon. „Das Feedback ist riesig. Deshalb arbeiten wir gerade an der Weiterentwicklung und schauen, ob wir eine Firma gründen können.“
„Ich hätte nie gedacht, dass ich gut genug bin“
Kommunikationsdesign-Studentin Lisa Steingräber fiel es schon in der Schule schwer, ihre Leistungen richtig einzuschätzen. Auch bei der Bewerbung für das Deutschlandstipendium rechnete sich die Einser-Abiturientin nur geringe Chancen aus. Die Freude über die Zusage für die Förderung durch die IHK Potsdam war deshalb umso größer: „Ich hätte nie gedacht, dass ich gut genug bin für das Deutschlandstipendium. Das hat mich total überwältigt und ich musste erst einmal meine Eltern anrufen“, erinnert sie sich lachend. Die finanzielle Unterstützung möchte Lisa Steingräber in ein Zweitstudium und ein Auslandspraktikum investieren: „Mir ist es wichtig, meinen Horizont zu erweitern. Ohne das Deutschlandstipendium wäre das nicht möglich.“ Neue Perspektiven ergeben sich für die 23-Jährige auch im Austausch mit den anderen Stipendiatinnen und Stipendiaten der FHP: „Es ist spannend, mit Kommilitonen aller Fachbereiche in Kontakt zu kommen und mehr über deren Lebenswege zu erfahren.“ Lisa Steingräber möchte noch mehr Studierende ihrer Hochschule auf die Förderungsmöglichkeiten aufmerksam machen. Deshalb gestaltet sie die Werbemittel für eine Studienfinanzierungs-Messe der FHP: „Ich freue mich, dass ich das Deutschlandstipendium so ein Stück weit unterstützen kann.“
„Ich wollte immer etwas Kreatives machen“
Was sich Dörte Hampel vornimmt, setzt sie durch - auch wenn sie dafür Umwege gehen muss. Die 29-Jährige machte nach ihrem Realschulabschluss eine Ausbildung zur denkmaltechnischen Assistentin und holte ihr Fachabitur nach. Bald erkannte sie, dass sie zwar einen spannenden Beruf gewählt hatte, es aber nur wenige Berufschancen gab. Ihr Plan, stattdessen Restaurierung zu studieren, erfüllte sich beim ersten Versuch nicht. „Es war sehr frustrierend. Ich wollte arbeiten und etwas Kreatives machen. Schließlich entschied ich mich für eine Ausbildung zur Friseurin.“ Nach dem Abschluss und zwei Jahren im Beruf, bewarb sich Dörte Hampel noch einmal an der FHP für den Studiengang Architektur und Städtebau. Dieses Mal mit Erfolg: „Ich hätte nie gedacht, dass es wirklich klappt und ich das schaffen kann“, sagt sie und erzählt: „Ich habe aber schnell Anerkennung bekommen und bin sogar Tutorin geworden.“ Als dann noch im Wintersemester 2015/2016 das Deutschlandstipendium hinzukam, war die Freude riesig. Von ihrem Förderer war sie vom ersten Moment an begeistert: „Als ich erfahren habe, dass ich von der bekannten Möbeldesignfirma Walter Knoll AG & Co. KG gefördert werde, war ich Feuer und Flamme.“ Vom Austausch mit ihrem Förderer erhofft sich Dörte Hampel Einblicke in die Abläufe des Unternehmens. Gerne würde sie auch ein Praktikum dort absolvieren. Das Deutschlandstipendium ist für Dörte Hampel darüber hinaus ein Gewinn an Flexibilität: „Es ist einfach toll, nicht jede freie Minute zum Geldverdienen nutzen zu müssen.“
„Die beste Motivation, meinen Weg weiter zu gehen“
Ein Studium hat sich Deutschlandstipendiatin Jennifer Becker lange nicht zugetraut. Die 30-jährige Studentin der Sozialen Arbeit ist in einer Plattenbausiedlung in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsen. Ihren Blick in die Zukunft prägten das Umfeld und der Alltag ihrer berufstätigen Mutter: Arbeiten gehen und Geld für die Familie verdienen. Dass es auch einen anderen Weg geben könnte, konnte sich Jennifer Becker nicht vorstellen: „Ich dachte, dass ein Studium anderen Menschen vorbehalten ist und ich nicht an die Hochschule gehöre.“ Nach der Realschule machte sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau und arbeitete in einem Call Center. Doch das war nicht das Richtige. Trotzdem brauchte es Zeit, bis sie den Neuanfang wagte und ihr Abitur nachholte. „Ich habe mich darauf besonnen, was ich wirklich in meinem Leben machen will“, sagt Jennifer Becker und erzählt weiter: „Soziale Arbeit lag mir schon immer.“ Trotz Zweifel fasste sie deshalb den Mut, sich an der FHP zu bewerben: „Heute bin ich unendlich glücklich. Das Studium hat mir eine neue Perspektive gegeben.“ Das Deutschlandstipendium stärkt ihr Selbstbewusstsein: „Es ist eine Bestätigung meiner Leistung und die beste Motivation, meinen Weg weiter zu gehen.“ Die finanzielle Unterstützung hilft der BAföG -Empfängerin, unabhängiger zu sein und ermöglicht ihr die Teilnahme an einer Kursfahrt nach England. Darüber hinaus hat sie bei einem ersten Treffen mit ihrem Förderer, dem Berliner Mittelhof e.V., bereits wertvolle Einblicke in die praktische Arbeit eines Trägers der Jugendhilfe gewinnen können.
Stand: Februar 2018