Komponieren zwischen Himmel und Erde
Vom großmütterlichen Topfset bis zum eigenen Schlagzeug reichte die erste Etappe des heute 22-jährigen Komponisten. Mit sechs schrieb der angehende Detmolder Tonmeister erste eigene Melodien und hörte seither nicht mehr auf, Musik zu machen.
Ein Gespräch mit dem Deutschlandstipendiaten Max-Lukas Hundelshausen
Los gegangen ist es mit Krach, sagt Max-Lukas Hundelshausen. Vom großmütterlichen Topfset bis zum eigenen Schlagzeug reichte die erste Etappe des heute 22-jährigen Komponisten. Mit sechs schrieb er erste eigene Melodien und hörte seither nicht mehr auf, Musik zu machen. Sein Deutschlandstipendium brachte den angehenden Detmolder Tonmeister mit dem Musikinstrumente-Hersteller Yamaha zusammen. Entstanden ist eine interessante Forschungsidee. Ein Gespräch mit einem, der für die Musik lebt.
Herr Hundelshausen, Sie studieren Musikübertragung mit Hauptfach Komposition am Erich-Thienhaus-Institut der Hochschule für Musik in Detmold, waren Jungstudent am Detmolder Hochbegabtenzentrum, haben mehrmals den Bundeswettbewerb Komposition gewonnen, waren als Musikclipregisseur erfolgreich und sind als Sounddesigner aktiv. Wie sah Ihr Weg zur Musik aus?
Forsch! (lacht) Am Anfang war es der Rhythmus, das Trommeln. Da musste das Topfset meiner Großmutter herhalten. Ich fand das wunderbar, sie hielt es vermutlich eher für Krach. Mit vier Jahren hatte ich das erste Mal Schlag- zeugunterricht. Allerdings gab mein Lehrer schon nach wenigen Stunden vollkommen entnervt auf, weil ich jedes Mal, ohne auf ihn zu hören, darauf los getrommelt habe. Trotzdem hat er meinen Eltern dringend geraten, ein Schlagzeug für mich anzuschaffen. Das war mein Glück. So konnte ich als Autodidakt früh meine ersten Schritte auf mich gestellt unternehmen, ohne jemanden nachahmen zu müssen.
Sie haben dann vom Schlagzeug zum Komponieren gewechselt?
Das hat sich eigentlich parallel entwickelt. Mein Vater brachte eines Tages einen Computer mit nach Hause. Damit konnte man aus Musikbausteinen Songs zusammenstellen. Von da an habe ich fast nichts anderes mehr ge- macht. Die fertigen Musikbausteine fand ich aber ziemlich schnell öde. Ich habe dann das Notenlesen gelernt und eigene Musikbausteine entwickelt, da war ich elf. Eine neue Welt tat sich auf!
Sie schreiben Musik für Theater, Film und Orchester, darunter so renommierte Formationen wie das Berlin Philharmonic Wind Quintett Berlin oder die Rheinische Philharmonie Koblenz. Demnächst spielt das Ensemble Modern eine Ihrer Kompositionen ein. Und Sie erhalten das Deutschlandstipendium. Was bedeutet Spitzenleistung für Sie?
Spitzenleistung bedeutet für mich, dass man immer das Beste aus sich und der Situation herausholt. Ich habe sogar immer das Gefühl, noch mehr machen zu wollen, als ich zeitlich schaffen kann. Ich vertraue darauf, dass die Ideen kommen und dass ich gute Arbeit leiste, selbst unter größtem Zeitdruck.
Wie meistern Sie den Zeitdruck? Was muss jemand mitbringen, um als Kreativer Spitzenleistung zu bringen?
Eine Grundvoraussetzung ist auf jeden Fall Disziplin. Egal, wie kreativ oder talentiert man ist, ohne Disziplin wird man nicht in der Lage sein, Spitzen- leistung pünktlich abzuliefern. Ich weiß, wie schwer das ist, eigentlich bin ich gern chaotisch. Aber ich habe gelernt, mir Zeitpläne zu machen und ver- suche, mein Handeln zu strukturieren. Ich denke dann an meine instrumen- talen Musikerkollegen, die täglich sechs bis acht Stunden an ihrem In- strument üben. Das macht denen sicher auch nicht immer Spaß. Ich weiß einfach: Ohne täglich in meinem Genre zu arbeiten, ist der Tag für mich verloren. Und dann ist es vor allem die Leidenschaft. Die ist wichtig, sonst hält man nicht durch.
Das Deutschlandstipendium wird dafür gelobt, dass sich Netzwerke bilden, die einem neben der finanziellen Unterstützung auch neue Impulse geben. Wie erleben Sie das?
In erster Linie bedeutet das Deutschlandstipendium für mich große Aner- kennung. Das ist ein ungemeiner Ansporn, und die finanzielle Förderung ist natürlich eine riesige Erleichterung. Aber der Austausch im Netzwerk ist ein ganz besonderer Aspekt: Ich komme in Kontakt mit Menschen, die etwas komplett anderes studieren, das wäre ohne das Stipendium nicht möglich. Es gibt selbst organisierte Stammtische, und der Studienfonds Ostwestfalen- Lippe, der das Deutschlandstipendium hier koordiniert, bietet Workshops und Seminare an. So habe ich zum Beispiel auch interessante Einblicke in Firmen aus der Region gekriegt. Ich wusste nicht, wie viele mittelständische Unternehmen hier sitzen und wie groß die teilweise sind. Ganz toll ist auch der Kontakt zu meinem Förderer Yamaha.
Der Instrumentenhersteller?
Ja, das ist wirklich eine verrückte Geschichte: Ich habe ein Faible für Misch- pulte, Synthesizer und Verstärker. Besonders spannend finde ich aber Apparate wie das selbstspielende Klavier. Im Herbst 2012 durfte ich ein Stück für so ein „herrenloses“ Instrument schreiben, im Auftrag der Münch- ner Gesellschaft für neue Musik e. V. Es kam schließlich im Deutschen Museum in München durch ein Yamaha Disklavier zur Uraufführung. Es klang faszinierend, gar nicht so robotisch, und ich dachte sofort: Da ist noch so viel mehr möglich zwischen Himmel und Erde! Das brachte mich auf die Idee, der Yamaha Music GmbH ein Forschungsprojekt zu einem selbst- spielenden Klavier vorzuschlagen, das Musikstücke selbst interpretiert. Mein Vorschlag wurde sehr positiv aufgenommen. Ich bin gespannt.
Wir auch! Eine letzte Frage: Sie lieben es, Ihre eigenen Stücke zu erfinden. Aber wenn Sie jetzt einen Wunsch frei hätten: Welche Film- musik hätten Sie gerne komponiert?
Da denke ich sofort an Psycho. Die ist so einprägsam mit einfachen Mitteln, dieses Geräusch, an das sich alle erinnern, das ist großartig. Aber ganz ehrlich: Mich interessiert besonders, mit Menschen zu interagieren und sie mit Musik bewegen zu können. Ganz direkt und ohne viel Brimborium.
Stand: Februar 2018