Brückenbauerin zwischen Schule und Studium
Die Psychologiestudentin Maja Rudina möchte Studieninteressierte an Schulen für das Deutschlandstipendium begeistern. Dass die Förderung dabei hilft, Hürden im Studium zu überwinden, weiß die Stipendiatin aus eigener Erfahrung: Wegen einer chronischen Nervenerkrankung sitzt sie seit frühester Kindheit im Rollstuhl.
Die Psychologiestudentin Maja Rudina möchte Studieninteressierte an Schulen für das Deutschlandstipendium begeistern. Dass die Förderung dabei hilft, Hürden im Studium zu überwinden, weiß die Stipendiatin aus eigener Erfahrung: Wegen einer chronischen Nervenerkrankung sitzt sie seit frühester Kindheit im Rollstuhl.
An der Freien Universität Berlin (FU) fällt die Deutschlandstipendiatin Maja Rudina auf. Denn die 21-Jährige lebt seit ihrer Geburt mit einer chronischen Schädigung des Zentralnervensystems und bestreitet ihren Alltag im Rollstuhl. Trotz Hindernissen selbstbestimmt das eigene Leben zu gestalten, sich nicht zu verstecken und sichtbar zu sein – das ist Maja Rudina wichtig, für sich selbst und für andere. „Ich möchte Menschen dabei unterstützen, offen mit ihren Bedürfnissen umzugehen. Deshalb studiere ich Psychologie“, erklärt sie.
Mit individuellen Strategien zum Studienerfolg
Früh im Leben spürt Maja Rudina, dass sich das Engagement für mehr Inklusion lohnt. Wegen ihrer chronischen Erkrankung soll sie eine Förderschule besuchen. Doch ihre Eltern sprechen sich gegen die sonderpädagogische Empfehlung aus. Als eines der ersten Kinder wird Maja Rudina an einer inklusiven regulären Grundschule aufgenommen. Die Rolle als Vorreiterin, die sich nicht unterkriegen lässt, hat Majas Selbstbewusstsein gestärkt. Davon profitiert sie auch in ihrem Bachelorstudium. Mit viel Organisationstalent plant die Stipendiatin zeitliche Puffer wegen überfüllter Busse und Fahrstühle ein oder tippt Klausuren am PC, um ihre Hände zu entlasten: „Schon in der Schulzeit habe ich Strategien entwickelt, meine Ziele zu erreichen, ohne dabei mein Wohlbefinden zu vernachlässigen.“ Ein Schlüssel dafür ist das Wissen um ihre individuellen Lernbedürfnisse. Sie sei eher der visuell-konzeptionelle als der akustische Lerntyp. Statt immer alle Vorlesungen zu besuchen, eigne sie sich viele Inhalte lieber mithilfe der relevanten Literatur zu Hause an.
Laut Studienordnung der FU steht Studierenden mit chronischer Erkrankung wie Maja ein Nachteilsausgleich zu. Für Klausuren hat sie beispielsweise 50 Prozent mehr Zeit. Darüber hinaus fordert sie keine Sonderbehandlung ein: „Das Lehrpersonal muss sich schließlich um die Belange aller Studierenden kümmern und nicht nur um mich allein.“
Gemeinsame Werte
Klassische studentische Nebenjobs in Cafés oder an Supermarktkassen kann Maja wegen ihrer Behinderung nicht ausüben. Umso stärker fallen die 300 Euro pro Monat durch das Deutschlandstipendium ins Gewicht. Die Förderung bekommt sie seit dem Studienstart 2023. „Damit finanziere ich meine Studienkosten weitgehend selbst. Die Förderung bedeutet mir sehr viel, vor allem, weil ich aus einer nichtakademischen Familie komme“, betont sie.
Der private Teil von Stipendiatin und Stiftung passen gut zueinander. Denn beide teilen die gleichen Werte. Chancengleichheit verbessern und Bildungsgerechtigkeit fördern – diese Ziele nennt die Schimmelpfennig-Stiftung ausdrücklich in ihrem Leitbild. Weil auch ihr gleiche Chancen für alle Studierenden wichtig sind, hat Maja Rudina mit zwei weiteren Studentinnen die Initiative „FUndiert studiert“ gegründet. Das Ziel: In Schulen über Perspektiven zur Studienfinanzierung aufzuklären. „Vor Studienbeginn hätte ich mir selbst mehr Informationen zu dem Thema gewünscht“, sagt sie. „Das Deutschlandstipendium bietet eine gute Möglichkeit, das Studium zu finanzieren, ohne sich zu verschulden oder die Eltern zu sehr zu belasten. Mit unserer Initiative möchten wir Studieninteressierte motivieren, sich zu bewerben.“
Inklusion braucht Begegnung
Starten soll „FUndiert studiert“ im kommenden Jahr, also 2025. Dann möchte Maja Rudina in Vorträgen an Schulen Tipps geben, um den eigenen Weg nach dem Abitur zu finden. Denn in ihren drei Semestern an der FU hat sie viele wertvolle Erfahrungen gesammelt, die sie an Jüngere weitergeben kann. Sich Zeit nehmen, die Studienzeit genießen und Prioritäten setzen – das empfiehlt sie nicht nur Studierenden mit einer chronischen Erkrankung. Auch für eine inklusivere Atmosphäre an den Hochschulen hat Maja konkrete Vorschläge: „Zum Beispiel sollten Türen sich alle per Knopfdruck öffnen lassen.“ Mindestens so wichtig wie architektonische Maßnahmen sei aber der Abbau sozialer Barrieren. „Dazu braucht es mehr Angebote, bei denen sich Studierende mit und ohne Behinderung abseits von Seminaren und Vorlesungen begegnen können“, so Maja Rudina. Mehr solcher Angebote könnten in Zukunft auch andere ermutigen, so selbstbewusst und sichtbar aufzutreten, wie es ihnen Maja Rudina heute bereits vorlebt.
Stand: November 2024