„Wir sind trotz Abstand näher zusammengerückt“
Per E-Mail, Chat oder Telefon – der Austausch war Annika Grübler, Bergische Universität Wuppertal, angesichts der Pandemie wichtiger denn je. Im Interview spricht die Programmverantwortliche über ein gestärktes Miteinander und überraschende Erfolge.
Per E-Mail, Chat oder Telefon – der Austausch mit Fördernden und Geförderten war den Programmverantwortlichen der Bergischen Universität Wuppertal angesichts der Covid-19-Pandemie wichtiger denn je. Die Leiterin der Geschäftsstelle Deutschlandstipendium, Annika Grübler, spricht im Interview über ein gestärktes Miteinander, überraschende Akquiseerfolge und neue Veranstaltungsformate.
Wie hat sich Ihre Arbeit für das Deutschlandstipendium in den vergangenen Monaten verändert?
Viele der Fördernden spüren sehr deutlich die wirtschaftlichen Konsequenzen der Pandemie. Das gilt insbesondere für Unternehmen. Sie haben eigene Sorgen und haben mit eigenen Herausforderungen zu kämpfen. Wir haben deshalb viel Mühe darauf verwendet, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Das war uns besonders in den schwierigen Wochen im Frühjahr wichtig.
Welche Botschaft wollten Sie vermitteln?
Wir haben den Unternehmen klargemacht, dass sich viele Studierende in einer ähnlichen Notlage befinden. Deshalb haben wir in diesem Jahr ein besonderes Motto entwickelt: Engagement leben – Chancen schenken. Engagement ist ein zentraler Gedanke des Deutschlandstipendiums: Die Fördernden engagieren sich. Aber auch die Geförderten wurden wegen ihres Engagements als Stipendiatinnen und Stipendiaten ausgewählt. Die Pandemie hat aus unserer Sicht gezeigt, dass bürgerschaftliches Engagement wichtiger denn je ist. Wir haben deshalb das solidarische Zusammenstehen in den Fokus gerückt.
Wie haben Ihre Fördernden reagiert?
Sehr gut. Viele haben sich gefreut, dass wir uns gemeldet haben. Wir haben den Schwerpunkt bei unseren Gesprächen ganz klar auf Beziehungsaufbau und -pflege gelegt und sind nicht mit dem Hauptziel herangegangen, Stipendienzusagen zu erhalten. Das wurde positiv aufgenommen und ich denke, davon werden wir auch bei der künftigen Zusammenarbeit noch profitieren.
Wie ist denn die Akquise in diesem Jahr gelaufen?
Am Anfang sah es gar nicht gut aus. Es gab doch auch große Fördernde, die selbst Beschäftigte entlassen oder in Kurzarbeit bringen mussten und deshalb in diesem Jahr aussetzen. Aber wir haben Glück gehabt: Es gab einige Fördernde, die dieses Jahr noch eine Schippe draufgelegt haben. Eine große Stiftung fördert jetzt zum Beispiel zehn zusätzliche Stipendien. Auch kleinere Förderer haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten aufgestockt, um auszugleichen, was anderswo wegfällt. Unterm Strich können wir nun sogar mehr Stipendien vergeben als im Vorjahr. Darüber freuen wir uns sehr, weil es uns zeigt, dass wir mit unserer Arbeit auf dem richtigen Weg sind.
Haben Sie auch Kontakt zu Ihren Stipendiatinnen und Stipendiaten gehalten?
Wir haben die Studierenden per E-Mail angeschrieben und Umfragen zu ihrer Situation verschickt, um auf dem Laufenden zu bleiben. Während der Bewerbungsfristen haben wir auf gute Erreichbarkeit geachtet, sind auch nach Feierabend ans Handy gegangen und waren verstärkt mit den Fakultäten im Austausch. Es waren viele kleine Dinge, die wir getan haben, um das Netzwerk auch während der Pandemie aufrechtzuerhalten.
In Krisenzeiten sind gerade Studierende oftmals ehrenamtlich aktiv und helfen, wo sie können. Wie ist das derzeit bei Ihren Stipendiatinnen und Stipendiaten?
Die Rückmeldungen, die wir dazu erhalten, sind ganz vielfältig. Manche gehen für ältere Menschen einkaufen, übernehmen Fahrdienste oder helfen bei der Umsetzung von Ferienangeboten für Kinder und Jugendliche. Das hat uns so begeistert, dass wir gemeinsam mit einigen Fördernden im nächsten Jahr einen kleinen Engagement-Preis ausschreiben wollen.
In diesem Jahr steht noch Ihre Stipendienvergabefeier an. Was planen Sie?
Wir sind mit Fördernden und Geförderten in Kontakt getreten, um ein Stimmungsbild zu bekommen. Etwa zwei Drittel der Befragten wünschten sich ein Treffen, eben weil der persönliche Austausch so ein wichtiges Element des Deutschlandstipendiums ist. Wir hatten ursprünglich geplant, die Fördernden aus unserer Region einzeln zu besuchen und dazu jeweils die Geförderten einzuladen. Aufgrund der wieder gestiegenen Fallzahlen wollen wir jedoch kein Risiko eingehen. Wir halten nun an diesen sehr persönlichen Einzelvergaben fest, werden sie aber als digitale Treffen abhalten. Letztendlich nehme ich aus dieser Zeit auch viel Positives mit: dass es möglich ist, sich immer wieder neu zu erfinden und neue Formate zu entwickeln. Auf gewisse Weise sind wir trotz Abstand näher zusammengerückt.
Stand: November 2020