„Eine Universität ist auch auf bürgerliches Engagement angewiesen“
Prof. Dr. Carola Jungwirth ist Präsidentin der Universität Passau und setzt sich persönlich für das Deutschlandstipendium ein – auch weil Stadt, Universität und Unternehmen dadurch näher zusammenrücken. Warum das so ist, erklärt sie im Interview.
Prof. Dr. Carola Jungwirth ist seit April 2016 Präsidentin der Universität Passau. Sie setzt sich persönlich für das Deutschlandstipendium ein – auch weil die Stadt, die Universität und die Unternehmen in der Region dadurch näher zusammenrücken können. Warum das so ist, erklärt sie im Interview.
Frau Professorin Jungwirth, sind Sie zufrieden mit der Entwicklung des Deutschlandstipendiums an Ihrer Universität?
Ja, wir haben im Oktober 50 Deutschlandstipendien vergeben. Die Unternehmen in der Region haben erkannt, dass sie von der Nähe zur Universität profitieren. Das Thema Fachkräftemangel treibt einige von ihnen um. Daher sind sie froh, durch das Deutschlandstipendium Kontakt zu Nachwuchskräften knüpfen zu können und sie schätzen den frischen Wind, den die jungen Talente mitbringen. Die geförderten Studierenden haben sich einen guten Ruf erarbeitet und beste Chancen, später auch in der Region eine interessante Arbeit zu finden.
Sie setzen sich selbst aktiv für das Deutschlandstipendium ein. Wie überzeugen Sie potenzielle Förderer?
Ich spreche viele Menschen persönlich an, wo immer sich die Gelegenheit bietet. Wenn jemand sagt, der private Anteil von 150 Euro sei ihr oder ihm allein zu viel, aber weniger wäre machbar, ist das auch wunderbar. Das Geld wird gesammelt, bis genügend da ist für ein weiteres Stipendium. Auch ich beteilige mich ganz direkt, indem ich zum Beispiel Honorare, die ich für Vorträge erhalte, einfließen lasse. So gelingt es uns, gemeinsam Geld für Stipendiatinnen und Stipendiaten aufzubringen.
Sie appellieren an den Gemeinschaftssinn. Möchten Sie deshalb neben Unternehmen auch verstärkt Bürgerinnen und Bürger als Mäzene gewinnen?
Mir ist es wichtig, deutlich zu machen, dass eine Universität auch auf bürgerliches Engagement angewiesen ist. Deshalb gefällt mir der Hebel des Deutschlandstipendiums so gut. Es ist auch für Privatpersonen ein Anreiz, die Universität zu fördern und mit überschaubaren Summen eine Studentin oder einen Studenten zu unterstützen. Eine Universität ist umso attraktiver, je mehr solcher Stipendien sie vergeben kann, und zieht damit wieder neue kluge Köpfe in die Region.
Haben die Passauerinnen und Passauer die Chancen für ihre Stadt erkannt?
Passau hat zwar eine Tradition als Bischofsstadt, aber weniger als Wissensstadt. Im kommenden Jahr besteht die Universität seit 40 Jahren – ein vergleichsweise kurzer Zeitraum. Bis die Region und die Universität zueinandergefunden haben, hat es einige Zeit gedauert. Aber zum Glück hat sich viel getan. Wir gehen aktiv auf die Stadt und die Landkreise zu und suchen den Austausch. Mittlerweile weiß man in der Region sehr wohl, was man an der Institution Universität und ihren Studierenden hat.
Können Sie konkrete Beispiele nennen?
Die Initiative „Passau räumt auf“ ist ein gutes Beispiel. Während der Hochwasserkatastrophe 2013 haben die Studierenden über soziale Medien sehr schnell Hilfe organisiert. Diese Hilfsbereitschaft hat die Menschen in Passau tief berührt. Das wirkt bis heute nach. Ein anderes Beispiel ist die ehrenamtliche Nachhilfe der Studierenden für Schülerinnen und Schüler, die in ihren Klassen hinterherhinken und sich sonst keine Unterstützung leisten können.
Womit wir wieder beim Deutschlandstipendium sind, denn bei der Vergabe spielt gesellschaftliches Engagement eine zentrale Rolle.
Ja, und um auf Ihre Frage zurückzukommen, wie ich dafür begeistern will – genau mit dem Argument, dass die finanzielle Entlastung Studierende davon befreit, nebenbei zu jobben. Sie können sich auf ihr Fach konzentrieren und die verbleibende freie Zeit in den Dienst der Gesellschaft stellen. Dieses Engagement kann man nicht hoch genug schätzen.
Stand: Februar 2018