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Ein einzigartiges, interdisziplinäres Forschungsprojekt

Seit 2013 bietet die HU Berlin Themenklassen für Deutschlandstipendiaten an. Etwa 15 Studierende forschen darin interdisziplinär zu einem jährlich wechselnden Thema. Im Interview berichtet Eva Inés Obergfell, Vizepräsidentin für Lehre und Studium.

Seit 2013 bietet die Humboldt-Universität (HU) zu Berlin Themenklassen für Deutschlandstipendiatinnen und -stipendiaten an. In dem bundesweit einzigartigen Format forschen etwa 15 Studierende verschiedener Fachrichtungen zu einem jährlich wechselnden, interdisziplinären Thema. Die Teilnehmenden lernen dadurch sowohl wissenschaftliches Arbeiten wie auch das eigenständige Forschen, sie tauschen sich mit anderen Forscherinnen und Forschern aus und lernen von ihnen. Eva Inés Obergfell, Vizepräsidentin für Lehre und Studium der Humboldt-Universität, berichtet im Interview über die Erfolge des Programms.

Was ist das Besondere an dem Format der Themenklassen für Deutschlandstipendiatinnen und -stipendiaten?

Die Humboldt-Universität hat die Themenklassen ganz im Sinn der Humboldt’schen Ideale entwickelt: Das Format verbindet Forschung und Lehre, realisiert das forschende Lernen und fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs.

Die Themenklassen sind mit einer einjährigen Projektarbeit verbunden. Wie sind die Deutschlandstipendiatinnen und -stipendiaten hier eingebunden? Professorinnen und Professoren sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Humboldt-Universität konzipieren und leiten die Themenklassen. Sie betreuen die Studierenden in ihren Forschungsprojekten, gestalten das Curriculum und ermöglichen den wissenschaftlichen Austausch. Im Rahmen der Arbeit der Themenklasse definieren die Stipendiatinnen und Stipendiaten konkrete Unterprojekte, forschen in Kleingruppen, besuchen Workshops und tauschen sich regelmäßig untereinander und mit Forscherinnen und Forschern aus. Die Ergebnisse präsentieren die Studierenden am Ende der Förderperiode einem breiten Publikum.

Welche Inhalte stehen bei der aktuellen Themenklasse im Fokus?

In der seit 2013 bestehenden Themenklasse „Nachhaltigkeit & Globale Gerechtigkeit“ forschen aktuell 16 Studierende der Disziplinen Geografie, Europäische Ethnologie, Philosophie, Jura sowie Wirtschafts- und Agrarwissenschaften zum Thema „Water Security“. Den Anstoß für die Themenwahl gab die europaweite Hitzewelle im Sommer 2018. Die Klasse ist am IRI THESys, dem Integrativen Forschungsinstitut zu Transformationen von Mensch-Umwelt-Systemen, angesiedelt. Die Studierenden werden dort wissenschaftlich betreut. Die Themenklasse arbeitet in interdisziplinären Kleingruppen zu den Themen „Dürre und soziale Gerechtigkeit“, „Dürre und Landwirtschaft“, „Dürre und Governance“ sowie „Grenzen der Resilienz von Ökosystemen“. Ziel ist dabei, lokale Ergebnisse auf globale Ebenen zu übertragen und weiterzudenken. Das Forschungsthema für das Jahr 2020 lautet „Wissenschaft und nachhaltige Mobilität“.

Die Themenklassen gibt es seit 2013. Wie bewerten Sie die Resonanz auf das Angebot?

Im Dezember 2019 schreibt die Humboldt-Universität das Format der Themenklasse bereits zum achten Mal aus. Hunderte Studierende haben seither Daten erhoben, ausgewertet, in einen Forschungszusammenhang gebracht und Handlungsoptionen daraus entwickelt. Damit haben sie häufig zu einem sehr frühen Zeitpunkt ihrer wissenschaftlichen Karriere echte Forschung betrieben. Da die Stipendiatinnen und Stipendiaten in der Vergangenheit tatsächliche Veränderungen angestoßen haben, ist die Resonanz durchweg positiv. Die Antwort einer Stipendiatin veranschaulicht dies: „Die Themenklasse ist für mich zu einem der wichtigsten (Denk-)Orte an der Humboldt-Universität geworden: Hier erhalte ich die Gelegenheit, mich mit komplexen Zusammenhängen zu befassen, kann kontroverse Probleme von verschiedenen Seiten beleuchten und gemeinsam mit meinen Kommilitoninnen und Kommilitonen aus anderen Fachrichtungen nach neuen Ansätzen suchen.“

Wie wirkt sich die Zusammenarbeit in den Themenklassen auf das Verhältnis der unterschiedlichen Fachrichtungen aus?

Unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten lernen durch die interdisziplinäre Projektarbeit neue Perspektiven und Methoden kennen. Ein Stipendiat berichtete: „Ich erfahre das Deutschlandstipendium in seinem Format der Themenklasse als eine bereichernde Ergänzung zu meinem regulären Studium. Es bietet mir einzigartige Einblicke in die Arbeit anderer Disziplinen und konfrontiert mich somit auf eine völlig neue Weise mit den Eigenarten meines eigenen Studienfachs.“

Welche Bedeutung haben Förderkonzepte wie die Themenklassen für die Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern? 

Die Themenklassen leisten einen wichtigen Beitrag innerhalb und außerhalb der Universität. Zum einen qualifizieren sich die Studierenden schon während ihres Studiums für die Forschung in interdisziplinären Projekten und legen damit einen weiteren wichtigen Grundstein für eine wissenschaftliche Karriere. Zum anderen lernen sie auch, bei ungewöhnlich komplexen Problemen Lösungswege zu finden und diese auf Fragestellungen anzuwenden, die hohe gesellschaftliche, soziale und kulturelle Relevanz haben.

Wenn andere Universitäten das Konzept der Themenklassen übernehmen wollen, was sollten diese beachten?

Wenn Förderer und Universität ein gemeinsames Thema finden und eine Themenklasse dazu einrichten, dann ist dies eine große Bereicherung für alle Beteiligten. Das Format ist aber auch mit erheblichem Mehraufwand sowohl für die Betreuenden als auch die Teilnehmenden verbunden. Dies bedeutet, dass nicht nur die 15 Deutschlandstipendien einer Klasse finanziert, sondern auch das Programm gefördert werden muss: personell durch Mitarbeitende, inhaltlich durch die Anerkennung als Teil des Studiums und finanziell durch Sach- und Personalmittel.

Stand: Mai 2020