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Aus Flucht wird Zukunft

Weltweit zwingen Kriege und Konflikte viele junge Menschen dazu, ihre Pläne für ein Studium aufzugeben oder ihr Studium zu unterbrechen. Das Programm #UHHhilft der Universität Hamburg unterstützt sie dabei, den Weg zurück an die Hochschule zu finden.

Eine junge Frau mit blonden Haaren lächelt freundlich in die Kamera. Sie trägt ein weißes Shirt und steht draußen vor einer Gebäudefassade.
2020 kam Liudmyla Padalko aus der Ukraine nach Deutschland. Nach der russischen Invasion unterstützte sie geflüchtete Studieninteressierte bei ihrer Ankunft an der Universität Hamburg. Das Deutschlandstipendium ermöglicht ihr, sich ganz auf ihre medizinische Forschung zu konzentrieren. © UHH/Feuerböther

Weltweit zwingen Kriege und Konflikte viele junge Menschen dazu, ihre Pläne für ein Studium aufzugeben oder ihr Studium zu unterbrechen. Das Programm #UHHhilft der Universität Hamburg unterstützt sie dabei, den Weg zurück an die Hochschule zu finden.

Die Flucht vor Kriegen und Konflikten ist immer mit Verlust verbunden: Menschen verlieren ihre Familie, geliebte Angehörige, ihre Heimat. Sie riskieren viel, in der Hoffnung, an einem anderen Ort Sicherheit zu finden. Doch auch der Start in einem anderen Land ist mit vielen Hürden verbunden. Das Programm #UHHhilft der Universität Hamburg (UHH) hilft geflüchteten Studierenden, sie zu meistern und ihre Ausbildung in Deutschland fortzusetzen.

Helge Inselmann hat selbst gerade sein Masterstudium im Fach Interdisziplinäre Public und Nonprofit Studien beendet. Seit Juni 2024 leitet er #UHHhilft. Das Programm entstand 2015 als Reaktion auf den Bürgerkrieg in Syrien. Damals kamen viele junge Menschen nach Deutschland, die bereits ein Studium begonnen oder geplant hatten. Genau hier kommt #UHHhilft ins Spiel: „Wir wollen Studieninteressierte mit Fluchterfahrung dabei unterstützen, dass sie sich an der Uni Hamburg zurechtfinden,“ erzählt Inselmann.

Neue Orientierung im Studierendenleben

Im Sommersemester 2024 nehmen 138 Studieninteressierte am Programm teil. Beinahe täglich steht ihnen die Sprechstunde des gemeinnützigen Projekts offen. Zum Team gehören neben Inselmann sechs Werksstudierende. Sie beraten zu Themen wie Zeugnisanerkennung, Sprachkursen, Bewerbungen oder dem Deutschlandstipendium. Dazu bieten sie eine wöchentliche Fachklasse an. Hier bringen externe Gäste ihre Expertise zu unterschiedlichen Themen ein – von der Studienfinanzierung bis zur Wohnungssuche.

Für die Studieninteressierten fallen dabei keine Kosten an. Bis 2023 finanzierte der Deutsche Akademische Austauschdienst das Projekt, nun hat die Hamburger Behörde für Wissenschaft, Forschung, Gleichstellung und Bezirke die Finanzierung übernommen. 100.000 Euro stellt sie jeweils für 2024 und 2025 bereit. Wie die Finanzierung danach weiterläuft, ist noch offen. Helge Inselmann hofft, dass sich auch für die kommenden Jahre ein Geldgeber für das Programm findet.

Die Teilnehmenden nutzen #UHHhilft im Schnitt ein bis zwei Semester. „In dieser Zeit bemühen sich die meisten erfolgreich um die Unterlagen, die für eine Studienbewerbung erforderlich sind“, erklärt Inselmann. Dazu zählen zum Beispiel persönliche Dokumente oder ein Deutsch-Zertifikat auf C1-Niveau. Für Inselmann leistet #UHHhilft einen wertvollen Beitrag: „Ohne diese Strukturen hätte die UHH niemals so schnell auf den russischen Angriffskrieg reagieren und so vielen Studieninteressierten aus der Ukraine eine Perspektive bieten können.“ Gleichzeitig stärken die Studierenden die Vielfalt an der Universität und bringen neue Sichtweisen ein: „Es kommen viele Menschen mit verschiedenen Hintergründen zusammen, lernen voneinander und gestalten gemeinsam die Zukunft der Hochschule“, so Inselmann.

Eine Frau mit dunklen rötlichen Haaren und Pony lächelt freundlich in die Kamera. Sie trägt ein gemustertes Shirt und eine rote Brille.
Für sie ist die Kombination aus Studienberatung und Stipendium der Schlüssel, damit geflüchtete Studierende ihr volles Potenzial ausschöpfen können: Die Leiterin der Geschäftsstelle Deutschlandstipendium an der Universität Hamburg, Dr. Andrea Schultze. © Universität Hamburg

Auch die Besten brauchen mal Hilfe

Bereits seit dem Wintersemester 2016/17 unterstützt #UHHhilft geflüchtete Studierende auch bei der Bewerbung für das Deutschlandstipendium. Dr. Andrea Schultze leitet die Geschäftsstelle Deutschlandstipendien an der UHH. Sie sieht die Verzahnung aus Studienorientierung und Stipendium als notwendig an. Es mache keinen Sinn, Geflüchtete mit Studienberatung und Sprachkursen fürs Studium zu rüsten, wenn sie gleichzeitig nicht in der Lage seien, ein Studium zu finanzieren, so Schultze. Ein Stipendium sei für viele der einzige Weg, ihr Studium in Deutschland aufzunehmen und ihr Potenzial vollständig zu entfalten. Sie schätzt, dass rund die Hälfte der Bewerbungen von Geflüchteten auf ein Deutschlandstipendium von Teilnehmenden von #UHHhilft stammen.

Doch nicht alle, die die Hilfe des Programms #UHHhilft in Anspruch nehmen, erhalten am Ende die Förderung im Rahmen des nationalen Stipendienprogramms. Zwar seien „Hürden in der Bildungsbiografie“ ein Kriterium, das bei der Vergabe des Deutschlandstipendiums zu berücksichtigen sei, jedoch bei weitem nicht das Einzige. Bewerberinnen und Bewerber müssen unabhängig von ihrer Herkunft oder persönlichen Situation exzellente Leistungen zeigen, um gefördert zu werden, betont Schultze.

Auch Liudmyla Padalko hat über #UHHhilft vom Deutschlandstipendium erfahren. Die gebürtige Ukrainerin kam 2020 nach Hamburg, um Molecular Life Science zu studieren. Nach der russischen Invasion machte sie ein Bekannter darauf aufmerksam, dass #UHHhilft nach ukrainischsprachigen Studierenden suche. Zwei Jahre lang unterstützte Padalko daraufhin ukrainische Geflüchtete bei ihrem Studienstart – und lernte darüber selbst das Deutschlandstipendium kennen. Sie bewarb sich auf eigene Faust und hatte Erfolg. Inzwischen ist Liudmyla Padalko im zweiten Jahr der Förderung. Sie freut sich sehr, dass ihre Mühe und ihre Leistungen anerkannt werden. „Es bedeutet mir viel, dass ich Teil dieser Gruppe von talentierten und motivierten Menschen bin“, sagt sie. „Es ist auch ein Zeichen für mich, dass ich mich gut integriere, dass ich hier das Gleiche wie in meiner Heimat erreichen kann.“

Eine Förderung, die allen hilft 

Heute forscht Liudmyla Padalko am Universitätsklinikum für ihre Bachelorarbeit an der Entstehung von Krankheiten. Im Anschluss plant sie einen Masterabschluss, wahrscheinlich will sie promovieren. Auch 2015/16 haben sich viele der Geflüchteten aus Syrien für den medizinischen Bereich interessiert, erinnert sich Schultze. Damit profitieren nicht nur die Geförderten vom Beratungsprogramm und dem Stipendium, sondern letztlich alle: Heute, nach abgeschlossenem Studium, arbeiten viele der ehemaligen Stipendiatinnen und Stipendiaten in Praxen im Raum Hamburg oder haben sich der Forschung am Universitätsklinikum verschrieben – wie auch Liudmyla Padalko. Andrea Schultze ist sich sicher: „Ohne das Deutschlandstipendium wären diese Türen für einige von ihnen verschlossen geblieben.“

Stand: August 2024