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Chancen eröffnen und Vielfalt fördern

Studierende, die auf ihrem Lebensweg besondere Hürden zu überwinden haben, werden nicht allein gelassen. Zwei Beispiele aus Hamburg und Konstanz zeigen, was tragfähige Netzwerke wie das Deutschlandstipendium leisten.

An der Elbe wie am Bodensee ist Bildungsgerechtigkeit ein wichtiges Anliegen. Sowohl an der Universität Hamburg wie auch an der Universität Konstanz werden daher Studierende in der Weiterentwicklung von persönlichen Stärken und Schlüsselqualifikationen besonders unterstützt. Dabei richtet sich der Blick vor allem auf diejenigen Studierenden, die auf ihrem Lebensweg besondere Hürden zu überwinden haben. Menschen mit Fluchterfahrung, Studierende, die in finanziell unsicheren Verhältnissen leben, Studierende mit chronischen Erkrankungen oder körperlichen Beeinträchtigungen – für viele junge Erwachsene ist der Weg zum akademischen Abschluss mühevoller als für ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen.

Angebot für Menschen mit Fluchterfahrung

Jana Hesse ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Hamburg (UHH) und Leiterin von „#UHHhilft“, einem Programm, das speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Fluchterfahrung zugeschnitten ist: „Wir unterstützen Menschen dabei, ihren Weg in ein Regelstudium zu finden, die aufgrund der Flucht aus ihrem Herkunftsland ihr Studium unterbrechen mussten oder noch kein Studium aufnehmen konnten“, erläutert sie. Seit sieben Jahren steht „#UHHhilft“ Geflüchteten beratend und begleitend zur Seite, die an einem Studium interessiert sind. „Dafür haben wir gute Strukturen geschaffen, auch in Zusammenarbeit mit inner- und außeruniversitären Partnerinnen und Partnern“, so Jana Hesse.

Eine Frau steht in einem Gebäude. Sie hat sich zur Kamera gewendet und lächelt
Jana Hesse, Leiterin von „#UHHhilft“ © UHH, Beyersdorf

In drei Schritten zum Studienerfolg

Im ersten Schritt wird Begleitung bei der Orientierung geboten, etwa durch das Prüfen von Zeugnissen oder Hilfe bei der Anerkennung von ausländischen Abschlüssen. Wichtig sind auch Informationen dazu, wo Sprachkenntnisse erworben oder verbessert werden können. Im zweiten Schritt besteht die Gelegenheit zu einem Orientierungsstudienprogramm. Dabei können Interessierte ausprobieren, ob das von ihnen gewählte Studienfach das richtige für sie ist. Ist dann schließlich die Immatrikulation erfolgt, werden im dritten Schritt geflüchtete Studierende während des Studiums eng begleitet – zum Beispiel durch Sprachtrainings oder Auffrischungskurse, etwa in Mathematik. Ergänzend dazu organisiert „#UHHhilft“ Workshops zu weiteren Themen wie etwa zu „Soft Skills“ oder zu Lernstrategien.

Zusammenarbeit mit der Geschäftsstelle Deutschlandstipendien

Auch eine Kooperation mit der Geschäftsstelle Deutschlandstipendien an der UHH zählt zu den studienbegleitenden Angeboten für die Studierenden mit Fluchthintergrund. Auf einer gemeinsamen Informationsveranstaltung von „#UHHhilft“ und der Geschäftsstelle für das Deutschlandstipendium zum Semesterstart wird das Programm vorgestellt. „Wir weisen auf die Möglichkeiten und Vorzüge hin“, sagt Jana Hesse. „Im Nachgang unterstützen wir die Interessierten beim Bewerbungsprozess, geben Tipps etwa zum Motivationsschreiben, das für viele eine neue Aufgabe darstellt. Oder wir assistieren, damit eine Bewerbung nicht an Formfehlern scheitert.“ 

Für alle Bewerbungen gelten die gleichen Voraussetzungen

Die Programmleiterin macht allerdings auch deutlich, dass für die Studierenden mit Fluchterfahrungen dieselben Voraussetzungen wie für alle anderen Bewerberinnen und Bewerber gelten: „Das Deutschlandstipendium ist ein Leistungsstipendium! Ich kann allerdings aus Erfahrung sagen, dass die Menschen, die es bis zur Immatrikulation geschafft haben – trotz ihrer herausfordernden Lage als Geflüchtete – meistens auch zu den talentiertesten und fleißigsten Studierenden gehören. Sie sind geeignete Kandidatinnen und Kandidaten mit guten Chancen.“ 

Große Bereitschaft zur Förderung von Geflüchteten

Laut Jana Hesse besteht bei einigen privaten Fördernden der Wunsch, explizit Menschen mit Fluchterfahrung zu unterstützen. An der UHH wird versucht, diesen Wunsch unter Beachtung der gesetzlichen Regelungen und mit Blick auf die im Auswahlverfahren ausgewählten Stipendiatinnen und Stipendiaten zu berücksichtigen. Von den knapp 200 Deutschlandstipendiatinnen und -stipendiaten, die die UHH derzeit fördert sind 36 nach Deutschland geflüchtet. Davon studieren viele im medizinischen Bereich. Die Zahlen lassen erkennen, was die Kooperation der Initiative „#UHHhilft“ mit der Geschäftsstelle des Deutschlandstipendiums an der UHH bewirkt hat. 

Universität Konstanz übernimmt gesellschaftliche Verantwortung

Auch die Universität Konstanz setzt sich mit ihrer Expertise in Forschung und Lehre zur Verbesserung der Situation von Geflüchteten ein, ermöglicht eine weitgehend barrierefreie Teilnahme an Studium und Veranstaltungen und stellt ihnen Infrastruktur zur Verfügung. Alexander Reinschmiedt, Leiter des Studierenden-Service-Zentrums (SSZ), hat mit seinen Kolleginnen und Kollegen von der Zentralen Studienberatung (ZSB) darüber hinaus aber auch andere Gruppen im Blick, deren Weg in die akademische Ausbildung steinig ist. Studierende etwa, die geh-, hör- oder sehbeeinträchtigt sind oder die mit psychischen Belastungen zu kämpfen haben. Unter dem Stichwort „#notalone“ gewinnen Studierende den Überblick über die Vielzahl von Beratungs-, Unterstützungs- und Kontaktangeboten, die es an der Universität und in der Stadt Konstanz gibt. Wer sich allein gelassen fühlt, fachlichen Austausch sucht, sich in einer prekären finanziellen Lage befindet, gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Motivationsschwierigkeiten hat oder vielleicht auch einfach nur Abwechslung vom grauen Alltag wünscht, wird nicht allein gelassen. 

Pionierleistung für studierende Eltern

Für studierende Eltern haben Alexander Reinschmiedt und seine Kollegin Christiane Harmsen, Referentin Familienförderung und Vereinbarkeit, mit dem „Studierende-Eltern-Pass (StEP)“ ein zentrales, fachübergreifendes Instrument für eine familienfreundliche Studienorganisation entwickelt. „Damit waren wir die erste Hochschule in Deutschland, die bereits vor zehn Jahren verbindliche Strukturen etabliert hat, die Eltern ein effizientes Studium ermöglichen. Uns war es auch ein Anliegen, sie auf dem Campus sichtbar zu machen“, sagt Alexander Reinschmiedt. 

Deutschlandstipendium bietet Spielraum

Der genaue Blick auf die individuelle Lebenssituation der Studierenden gehört auch beim Auswahlverfahren des Deutschlandstipendiums an der Universität Konstanz dazu. Wie es das Stipendienprogramm-Gesetz vorsieht, müssen selbstverständlich exzellente schulische oder akademische Leistungen von den Bewerberinnen und Bewerbern nachgewiesen werden, gleichwohl werden im Auswahlverfahren aber auch immer bildungsbiografische Hürden oder das gesellschaftliche Engagement der Studierenden mitberücksichtigt.

Drei Personen sitzen an einem Tisch in einem Büro. Zwei sitzen mit dem Gesicht zur Kamera und lächeln. Die dritte Person ist von hinten zu sehen.
Alexander Reinschmiedt vom SSZ der Universität Konstanz in einer Beratung. © Universität Konstanz

Stand: Dezember 2022