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Offen für das Andere

Ohne das Deutschlandstipendium wären sie sich nie begegnet: Leon Häder studiert Schauspiel, Frank Schumann arbeitet in der Finanzwelt. Im Interview erzählen Stipendiat und Förderer, wie aus einem zögerlichen Kontakt ein bereichernder Austausch wurde.

Ohne das Deutschlandstipendium wären sich die beiden wahrscheinlich nie begegnet: Leon Häder studiert in Frankfurt am Main Schauspiel, Frank Schumann bewegt sich beruflich in der Finanzwelt und pendelt zwischen der Mainmetropole, Malta und Zürich. Im Interview erzählen der Stipendiat und sein Förderer, was ihnen das Schauspiel bedeutet und wie aus dem anfangs zögerlichen Kontakt ein bereichernder Austausch wurde.

Herr Schumann, Sie und Ihre Frau fördern privat an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main. Wie haben Sie vom Deutschlandstipendium erfahren?

Von einem Nachbarn, der auch fördert. Ich habe über meine eigene Studienzeit nachgedacht und mich daran erinnert, wie sehr mich die Unterstützung durch das BAföG erleichtert hat. Den Ausschlag für die Förderung gaben dann zwei Punkte. Erstens: die hundertprozentige Wirkung. Das heißt, dass mein Geld direkt an den Studenten geht. Zweitens: Dass der Bund meine monatlich 150 € verdoppelt. Da ich meinen Beitrag steuerlich geltend machen kann, ist das ein fantastisches „Preis-Leistungs-Verhältnis".

Sie haben Betriebswirtschaftslehre studiert und arbeiten im Finanzbereich. Warum das Engagement im kulturellen Bereich?

Ich glaube, es braucht beides: Wirtschaft und Kultur. Ich würde aber keinen BWL-Studenten unterstützen. Die Wirtschaft sollte selber in der Lage sein, ihren Nachwuchs zu fördern. Kultur allgemein und besonders das Schauspiel liegen mir am Herzen. Wenig berührt mich so sehr, wie das perfekte Zusammenspiel eines Ensembles. Hinzu kommt der aufklärerische Ansatz. Es regt mich zur Reflexion, zum Nachdenken an.

Herr Häder, wie sind Sie zum Schauspiel gekommen?

Ich bin auf eine Waldorfschule gegangen. Dort wird man früh auf die Bühne geschickt. Bei einem Theaterprojekt meiner Schule fand ich die Menschen so spannend, dass ich dachte: „Das muss ich machen.“ Später bin ich dann noch intensiver in Kontakt mit der Schauspielerei gekommen und hatte das Gefühl, dass ich eigentlich keine andere Wahl mehr habe. Die Schauspielerei ist für mich anstrengend, ich gebe viel preis, viel Gefühl, auch Unvermögen. Man macht viele Tore auf. Man lässt die Menschen an seine Gefühle heran.

Ist das Deutschlandstipendium für Sie eine Erleichterung?

Arbeiten ist neben dem Studium einfach nicht möglich. Ich komme um 10 Uhr, gehe um 22 Uhr und habe in der Regel kein Wochenende. Da ich mich sonst über meine Eltern finanziere, falle ich bei vielen Stiftungen durch. Die Dozenten haben mir geraten, mich für das Deutschlandstipendium zu bewerben. Die Förderung ermöglicht mir ganz konkret, dass ich umziehen kann. Es ist aber vor allem ein Polster auf meinem Konto, das mich sehr beruhigt.

Sollten deshalb noch mehr junge Künstlerinnen und Künstler gefördert werden?

Häder: Ich glaube jeder, der im künstlerischen Bereich tätig ist – sei es Musik, Tanz oder Schauspiel – hat im Voraus schon viel Zeit investiert, die nicht bezahlt wurde. Dass mal jemand kommt und einfach Geld gibt, ohne dass dafür eine konkrete Gegenleistung erwartet wird, ist toll.

Schumann: Ich zitiere mal die verstorbene Schriftstellerin Leonie Ossowski: „Mein größter Wunsch wäre, dass unsere Gesellschaft nicht nur Geld und Kapital in den Vordergrund stellt, sondern vor allem die Menschen.“ Die Tendenz, viele kulturelle Errungenschaften nur noch nach wirtschaftlichen Kriterien zu beurteilen, halte ich für gefährlich und falsch. Ich finde es erstrebenswert, dass sich mehr Förderer für junge Künstler einsetzen.

Es ist schon Ihr zweites gemeinsames Förderjahr. Wie hat sich der Kontakt zueinander entwickelt? 

Häder: Ich bin hier wie in einer Glocke. Gemessen an meinem Kontakt zur Außenwelt, sind Frank und ich rege Austauschpartner. Für mich ist es sehr bereichernd, wenn ich Menschen kennenlerne, die nicht in dieser Theaterblase sind, sich dem aber öffnen.

Schumann: Nach einem ersten Annähern über E-Mail haben wir uns im letzten Jahr in Frankfurt getroffen. Dem Stipendium liegt ja kein Waschzettel bei, wie man miteinander umgehen soll. Das war für uns beide ein Herantasten. Vor Kurzem hat die Gruppe von Leon ein Stück in der Hochschule aufgeführt, das ich mir angesehen habe. Das hat mich beeindruckt und ich bin glücklich, dass ich Leon weiter fördern kann.

Stand: Februar 2019