„Uns interessiert der Blick der jungen Generation auf die Welt“
Die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung fördert die Wissenschaften in der Hansestadt. Warum sie sich auch im Deutschlandstipendium engagiert und dabei gerne auch Studierende der so genannten Orchideenfächer berücksichtigt, erläutert Dr. Johannes Gerhardt, Geschäftsführer der Stiftung im Interview.
Die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung fördert die Wissenschaften in der Hansestadt. Warum sie sich auch im Deutschlandstipendium engagiert und dabei gerne auch Studierende der so genannten Orchideenfächer berücksichtigt, erläutert Dr. Johannes Gerhardt, Geschäftsführer der Stiftung im Interview.
Dr. Gerhardt, was motiviert die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung dazu, sich für das Deutschlandstipendium zu engagieren?
Seit unserer Gründung im Jahr 1907 dient die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung dem Zweck, die Wissenschaften und deren Pflege und Verbreitung in Hamburg zu fördern. Als gemeinnützige Stiftung finanzieren wir unsere Arbeit aus den Erträgen unseres Vermögens und den Zuwendungen Einzelner. Wir sind auch eine Förderstiftung, unterstützen etwa Professorinnen und Professoren oder Post-Docs. Uns ist ein hohes akademisches Niveau wichtig. Mit dem Deutschlandstipendium haben wir die Chance, jüngere Studierende aus den frühen Semestern zu fördern. Motiviert hat uns unter anderem der Gedanke, dass sich die Fördersumme durch die Beteiligung des Bundes verdoppelt – eine ausgezeichnete Idee, wie wir finden. Wir sind seit 2015 aktiv und fördern im Jahr drei bis fünf Studierende.
Ihre Stiftung fördert fachungebunden und unterstützt dadurch auch Studierende mit einer eher ungewöhnlichen Fächerkombination. Was gefällt Ihnen daran?
Wir sind generell offen für alle Studienfachrichtungen und haben immer schon auch die so genannten Orchideenfächer berücksichtigt. Vor allem aus dem geistes- und kulturwissenschaftlichen Bereich.
Was sind denn eigentlich Orchideenfächer?
Zum Beispiel Ägyptologie, Altertumswissenschaften, Altamerikanistik, Afrikanistik oder auch Thaiistik. Die Studierenden von Fächern wie Vietnamistik oder eben Thaiistik beschäftigen sich mit der Sprache, der Kultur, der Literatur, der Geschichte und der Gesellschaft des jeweiligen Landes. Dabei spielen auch Disziplinen wie Ethnologie, Politikwissenschaft, Soziologie, Geografie und Wirtschaft eine Rolle – ein Studium also, das viele Aspekte abdeckt.
Aus welchen Fachrichtungen kommen die aktuell von Ihrer Stiftung geförderten Stipendiatinnen und Stipendiaten?
Wir haben momentan jemanden, der an der Fakultät für Rechtswissenschaften den Schwerpunkt „Kriminalität und Kriminalitätskontrolle“ gewählt hat. Ein weiterer Stipendiat studiert im Bachelor „Marine Ökosystem- und Fischereiwissenschaften“ und die dritte Stipendiatin studiert Medizin.
Ist Ihnen ein außergewöhnliches, sehr spannendes Fach einer durch Ihre Stiftung geförderten Studentin oder eines Studenten in Erinnerung?
Derzeit finde ich den Rechtswissenschaftsstudiengang Kriminalität und Kriminalitätskontrolle spannend. Ich erinnere mich auch gerne daran, dass wir häufiger Studierende der Kunstgeschichte gefördert haben. Die haben zum Teil selbst Ausstellungen kuratiert und Vernissagen ausgerichtet, zu denen ich dann eingeladen wurde.
Wie gestaltet sich eigentlich der Kontakt zu den Geförderten?
Wir haben eigene Veranstaltungen, Buchpräsentationen zum Beispiel oder Preisverleihungen. Zu diesen Anlässen werden die aktuellen und natürlich auch die ehemaligen Stipendiatinnen und Stipendiatinnen des Deutschlandstipendiums eingeladen. Wir pflegen die Kontakte. Manchmal treffe ich auch zufällig ehemalige Geförderte auf dem Campusgelände und erfahre dann, dass jemand promoviert oder was sie oder er für Pläne hat – das freut mich dann zu sehen, wie die Studierenden ihren Weg gehen.
Wie profitiert Ihre Stiftung vom Austausch mit den Stipendiatinnen und Stipendiaten der verschiedenen Fachrichtungen?
Wie erwähnt haben wir meist mehr mit Professorinnen und Professoren und Post-Docs zu tun, die bei uns Anträge stellen. Das sind Akademikerinnen und Akademiker mit einer gewissen Erfahrung in der Forschung. Dadurch, dass wir uns im Deutschlandstipendium engagieren, gewinnen wir Kontakt zu jüngeren Studierenden und erhalten die Chance, deren Blick auf die Universität kennenzulernen. Ein Perspektivwechsel, der uns wichtig ist.
Welche Rolle spielen leistungsstarke Talente aus kleineren, selteneren oder außergewöhnlicheren Fachrichtungen für die Zukunft unserer Gesellschaft?
Aus unserer Sicht tragen sie ihren Teil dazu bei, kreativ an Lösungen für viele der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen mitzuwirken. Wenn Fachleute aus dem Ingenieurwesen oder aus der Betriebswirtschaftslehre mit künstlerisch oder geistes- und sozialwissenschaftlich ausgebildeten klugen Köpfen zusammenarbeiten, kommt bestimmt etwas Sinnvolles dabei heraus.
Deshalb sollten noch mehr Fördernde Studierende von seltenen Studienfächern mit dem Deutschlandstipendium unterstützen?
Ja, denn wer um die Ecke denken kann, wer andere Perspektiven einbringt, kann die unterschiedlichsten Projekte voranbringen. Wir bei der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung möchten einen kleinen Teil dazu beitragen, junge Talente hierfür zu befähigen.
Stand: März 2023